Scheitert die Demokratie an Covid?

Erfolgreich im Umgang mit Covid zeigen sich entweder Inseln wie Neuseeland oder autoritäre Regime wie China. Hier geht das Leben vielerorts beinahe normal weiter, während in den Demokratien Europas und Nordamerikas das gesellschaftliche Leben vom Virus weitgehend stillgelegt wurde und die Wirtschaft einbricht. So manche fühlen sich deshalb darin bestätigt, dass es starker Führung bedürfe, wogegen Demokratien zu harten Maßnahmen bereit sind.Umfrage zu Corona-Maßnahmen im Dezember 2020

Umfrage zu Corona-Maßnahmen im Dezember 2020

Mit der Initiative „No Covid“ sprechen sich maßgebliche Wissenschaftler um die Virologin Melanie Brinkmann für eine Strategie aus, die ein härteres Vogehen einschlägt. Der Kurs der Regierung erscheint zu zaghaft, um das Infektionsgeschehen tatsächlich so weit einzudämmen, dass ein Stück weit Normalität wieder Einzug halten kann. Dann, so die Hoffnung ließen sich neuerliche Infektionsherde sofort eindämmen, so lange ihre Zahl für die Behörden überschaubar bliebe.

Die Politik hingegen vermittelt aktuell den Eindruck Öffnungen bereits vornehmen zu wollen, sobald die Lage in den Krankenhäusern nicht mehr dramatisch ist. Sollten die Infektionszahlen dann aber nicht sehr, sehr niedrig sein, besteht die Gefahr, dass die Ausbreitung des Virus wieder schnell zunimmt und der nächste Lockdown notwendig wird. Eine zu frühe Öffnung führte dann zu einem Jo-Jo-Effekt: Auf die Öffnung folgt nach wenige Wochen die nächste Schließung.

Allem Anschein schreckt die Regierung vor einem rigiden Vorgehen zurück und tatsächlich hat sie über Weihnachten und Sylvester die Gelegenheit zu einem strengen Lockdown verpasst, mit dem sich der Trend hätte umkehren lassen. Statt dessen weichte man an den Feiertagen die Regeln auf, was sich im weiteren Infektionsverlauf entsprechend niederschlug.

Man könnte also den Eindruck gewinnen, dass die Demokratie ein wirkungsvolles Vorgehen gegen das Virus verhindert. Doch die Bevölkerung spricht sich überwiegend schon seit Anfang Dezember für hätere Maßnahmen aus. Mit dem Beschluss des zweiten Lockdowns am 13. Dezember setzte die Politik somit lediglich um, was die Bevölkerung bereits als notwendig erkannt hatte. Lockerungen an Weihnachten und Sylvester lehnte die Mehrheit damals sogar ausdrücklich ab.

Umfrage ZDF-Politbarometer zu Corona-Maßnahmen an Weihnachten
Umfrage ZDF-Politbarometer zu Corona-Maßnahmen an Weihnachten

Mitte Januar hält dann eine knappe Mehrheit von 51% die Maßnahmen weiterhin für angemessen. Allerdings überwiegt immer noch die Tendenz zu härteren Maßnahmen, für die sich 28% aussprechen, gegenüber 18%, die sich für Lockerungen aussprechen. Die Bevölkerung zeigt sich überwiegend also durchaus zu harten Maßnahmen bereit und hat offenbar ebenfalls erkannt, dass ein halbherziges Vorgehen die Schwierigkeiten nur verlängert.

Umfrage des Politbarometer zu Corona-Maßnahmen Januar 2021
Umfrage des Politbarometer zu Corona-Maßnahmen Januar 2021

Gesundheitlich, wirtschaftlich und auch menschlich dürfte es besser sein, für einen kurzen Zeitraum sehr harte Maßnahmen zu ergreifen, um dann wieder ein Stück Normalität einkehren lassen zu können, wie auch die Einschätzung der Initiative „No Covid“ lautet. Urlaubsreisen ins Ausland erschweren die Kontrolle unnötig, wie die laxen Regeln für die Sommerferien gezeigt haben.

Woran scheitert nun ein härteres Vorgehen? Offensichtlich nicht an der Demokratie? Eine demokratische Abstimmung hätte zu früheren und härteren Maßnahmen geführt. Das halbherzige Vorgehen kommt vielmehr durch einen Republikanismus zustande, der zumindest zwischen den Wahlen eine Politik unabhängig von der Bevölkerungsmehrheit ermöglicht und kleineren Gruppen übermäßigen Einfluss verleiht. Immer schon konnte sich in Republiken die Wirtschaft überproportional Gehör verschaffen und jede Branche kämpft nun für sich um Privilegien, so wie die Wintersportbranche um den Jahreswechsel. Im Resultat aber kommen damit alle Wirtschaftsbetriebe schlechter weg, weil alle Maßnahmen halbherzig bleiben. Nicht die demokratische Mehrheit lässt sich zu Zugeständnissen hinreißen, sondern die republikanische Regierung.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert