
Ein Großteil der Bevölkerung geht laut dem ZDF Politbarometer offensichtlich davon aus, dass das Vorgehen der Politik nicht zielführend ist. Nachdem die Politik erst Anfang März Lockerungen der Corona-Maßnahmen angestrebt hat, sprechen sich schon Ende März 36 Prozent der Bevölkerung für härtere Maßnahmen aus. Gegenüber dem Vormonat hat sich ihre Zahl verdoppelt. Auf der anderen Seite halten 26 Prozent die Maßnahmen für übertrieben. Auch wenn deren Zahl nur um 3 Prozentpunkte zugenommen hat, so fordert mittlerweile doch über ein Viertel der Bevölkerung Lockerungen. Als richtig empfinden nurmehr 31 Prozent der Bevölkerung den Regierungskurs. Ihre Zahl hat um 24 Prozentpunkte abgenommen und somit geht binnen eines Monats ein knappes Viertel der Wähler auf Distanz zur Regierung.Zählt man die Skeptiker zusammen, kommt man auf fast zwei Drittel der Bevölkerung: 62 Prozent! Beide Seiten halten das Vorgehen der Politik für ungeeignet, war und ist doch absehbar, dass schon diese leichten Lockerungen zu einem Jojo-Effekt führen, der erst die Infektionszahlen ansteigen lässt und dann neuerliche Verschärfungen nach sich zieht. Der gegenwärtige Weg verlängert jedenfalls den wackeligen status quo, wogegen sich ein gutes Drittel der Bevölkerung von wirklich einschneidenden Maßnahmen eine nachhaltige Reduktion der Fallzahlen verspricht, wie das auch einige Wissenschaftler nahe legen. Auf der anderen Seite hält ein gutes Viertel offenbar alle möglichen Maßnahmen für wirkungslos oder ungeeignet. Jedenfalls ist die Mehrheit nicht für ein „Weiter so!“ Und genau hier liegt die Gefahr: Umso länger dieses „Weiter so!“ geht, desto größere Teile der Bevölkerung verlieren ihr Vertrauen in den Regierungskurs und müssen sich dann für eine der beiden Seiten entscheiden. Nicht Corona, sondern der politische Schlingerkurs führt dann zur Polarisierung der Gesellschaft.
Per Stufenplan zum Jojo
Das Problem ist dabei noch nicht einmal das Hin und Her zum Oster-Shutdown, sind hier doch die Meinungen tatsächlich sehr gespalten: 41 Prozent wären dafür gewesen, 54 Prozent dagegen. Dass diese Frage schwierig war, dürfte allen klar gewesen sein. Das ändert aber nichts daran, dass man von der Regierung eine zielführende Strategie erwarten darf, die dann auch kommuniziert und verfolgt wird.

Mit dem Stufenplan zeigte die Bundesregierung weniger geeignete Maßnahmen auf als Wege zum vorprogrammierten Scheitern. Schon zum Zeitpunkt der Bekanntgabe Anfang März war klar, dass ohne begleitende, neuartige Vorkehrungen eine stufenweise Öffnung zwangsläufig einen Anstieg der Infektionszahlen nach sich ziehen wird. Indem die Regierung ihr Vorgehen zugleich von konkreten Inzidenzwerten abhängig machte, die schon damals als illusorisch galten, muss die Konsequenz in einer neuerlichen Schließung liegen. Ohnehin folgt aus der Abhängigkeit von Schwellwerten geradezu zwangsläufig ein Jojo-Effekt, da jede Öffnung zum Anstieg der relevanten Inzidenz führt. Der Stufenplan war nichts anderes als die amtliche Bekanntmachtung der Jojo-Strategie!

Der Zukunft Priorität einräumen
Insbesondere wünscht die Bevölkerung eine völlig ander Gewichtung. Während bei der Regierung eine Pflicht zum Home-Office und harte Maßnahmen gegen Betriebe, die sich Hygiene-Konzepte missachten, nicht einmal erwähnt werden, drängen 70 Prozent der Bevölkerung auf eine Öffnung der Schulen auch bei hohen Infektionszahlen, wie dies aus manch anderen Ländern (etwa Schweden) bekannt ist. Offensichtlich machen sich die Menschen mehr Sorgen um unsere langfristige Zukunft, die von den heutigen Schülern abhängt, denn über kurzfristige wirtschaftliche Folgen. Abgesehen davon dürfte ein härteres Durchgreifen gegen unwillige Unternehmen unausweichlich sein, will man dem Infektionsgeschehen wirksam begegnen.

Ein Gedanke zu „Die Jojo-Strategie“