
Wieder einmal schaffen wir es, eine Gelegenheit nicht einfach nur ungenutzt zu lassen, sondern so zu konterkarieren, dass sie Anreize schafft, die exakt im Gegensatz dazu stehen, was eigentlich angezeigt ist. Die Gaspreise ziehen an und das sorgt in einer noch immer voll und ganz auf billige fossile Energie eingestellten Welt für Turbulenzen. Weil Gas aktuell in Deutschland das Dreifache kostet wie Anfang 2019, fürchten Wirtschaft wie Privatleute den Ruin. Offensichtlich sind viele davon ausgegangen, dass fossile Energie für immer billig bleibt und man sich entsprechend entspannt zurücklehnen kann. Als wüssten wir nicht seit Jahrzehnten, dass der Klimawandel unser aller Wohlstand bedroht und die dafür verantwortlichen Rohstoffe von zweifelhaften Regimen unter zweifelhaften Bedingungen gefördert werden.
Völlig bzw. viel zu untätig haben wir alle Warnsignale ignoriert und uns der Vorteile billiger und reichlich verfügbarer Energie erfreut, und unsere geliebten Alles-bleibt-wie-es-ist-Merkel-Regierungen haben nicht nur eineinhalb Jahrzehnte den Stillstand verwaltet, sondern uns auch noch in fatale Abhängigkeit eines machtgierigen Diktators gestürzt, der kurz nach Amtsantritt Grosny in Schutt und Asche legen ließ, 2008 georgisches Territorium besetzte, 2014 die ukrainische Krim, anschließend in Syrien gezielt Krankenhäuser und Schulen bombardierte, ehe er 2022 die Ukraine überfiel. Das hat uns zwar bis 2020 fallende Gaspreise beschert, aber damit auch jeden Anreiz genommen, von der Droge loszukommen, an der wir wie Junkies hängen: fossile Energie.
Nicht erst seit Russlands imperialistischen Angriffskrieg gegen die Ukraine , sondern schon seit 2021 steigen die Preise und reißen uns nun aus den schönen Träumen, dass wir unser angenehmes Leben ewiglich auf der Grundlage von Raubbau fristen könnten. Schon dass wir nicht mehr ruhigen Gewissens in Urlaub fliegen können, empfinden viele als Zumutung – offenbar in völliger Ahnungslosigkeit darüber, was noch auf uns zukommt.
Die CLP, der Scholzomat und die Einknicker
Bei der Bundestagswahl letztes Jahr zeigte sich aber doch, dass es so manchen dämmert: So ein Klimawandel könnte unangenehm werden. Die Hoffnungen lagen auf den Grünen. Sie hatten auch als einzige ein sinnvolles Konzept, wie sich die Energiewende sozialverträglich umsetzen ließe: Energiegeld als Kopfpauschale. Das entlastet die Ärmsten überproportional und bestraft nicht diejenigen, die die Energiewende privat schon vollführt haben und deshalb wenig verbrauchen. Zugleich gibt es für diejenigen mit hohem Verbrauch unveränderten Anreiz, etwas zu ändern.
Nun, ein Jahr später wäre die Gelegenheit fürs Energiegeld gekommen: Die Gaspreise steigen und Firmen wie Menschen rufen nach Unterstützung. Doch was macht die neue Regierung? Sie reagiert wie die alte! Mit der Gaspreisbremse subventioniert sie den Verbrauch fossiler Energie – und zwar umso mehr, je mehr man verbraucht. Damit begeht sie den gleichen Fehler schon zum zweiten Mal: Schon der Tankrabatt half denen am meisten, die am meisten verbrauchen und damit den Reichen, die sich teure Spritfresser leisten können. Und wie damals werden wieder alle bestraft, die mitgedacht und frühzeitig in Nachhaltigkeit investiert haben. Wer ein Elektro-Auto hatte oder heute gut gedämmt mit zukunftsweisender Technologie heizt, geht leer aus. Ausgerechnet diejenigen, die ständig die Kräfte des Marktes beschwören, setzen genau diese wieder einmal bereitwillig außer Kraft, um Leute zu subventionieren, die stur an der Zerstörung unserer Zivilisation arbeiten.
Nun haben wir haben allen Grund davon auszugehen, dass allen Beteiligten klar ist, welche Effekte und Anreizstrukturen damit geschaffen werden, weil es sich ja ansonsten um Idioten handeln würde. Wenn man aber wieder besseren Wissens das Falsche tut, dann kann es dafür eigentlich nur einen Grund geben: Lobbyismus! Jene Konzerne, die seit Jahrzehnten mit billiger fossiler Energie enorme Gewinne gemacht haben, schaffen es mit ihrem Geld noch immer, die globale fossile Selbstvernichtung am Laufen zu halten. Von der CLP (Christian-Lindner-Partei) hat man nix anderes erwartet, der Scholzomat fällt als politischer Gestalter ohnehin aus, wenn aber auch die Grünen einknicken, dann sagt das doch eine ganze Menge darüber aus, wo die Macht liegt. Das verheißt leider nix Gutes für die Zukunft.
Wen wundert es da, wenn sich die Menschen von der Politik abwenden und bestenfalls nach mehr Demokratie verlangen, schlimmstenfalls aber ganz etwas anderes. Hätte man die Bevölkerung nach Annexion der Krim durch Putin befragt, ob sie die Hälfte der Energie aus Russland beziehen und mit Nordstream 2 die Abhängigkeit noch verstärken will, dann wäre die Entscheidung wohl weitsichtiger ausgefallen als von der Merkel-Regierung.