– gegengelesen –
Luise F. Pusch: Das Deutsche als Männersprache.

Seit 1979 kämpft Luise Pusch gegen den „geistigen Gynocid“ (S. 30) durch die deutsche Sprache an. Frauen werden nicht einfach unsichtbar gemacht, sondern einfach nicht mitgedacht, wie Pusch an zahlreichen Beispielen demonstriert, die sie anderen Werken entnimmt, etwa:
„Der Leser stelle sich einmal die eigene Person als Erneuerer der Grammatik oder des Wortschatzes vor. Vielleicht kann er in seiner nächsten Umgebung, seiner Mikrowelt, manchmal bescheidenen Erfolg erzielen. Tatsächlich war ihm der wohl schon in seiner Kindheit beschieden. Die Familie hat vielleicht etwas von seinem kindlichen Kauderwelsch in die interne Familiensprache übernommen. Als Erwachsener kann man ähnliche Miniatursiege erringen, wenn man sich mit seiner Frau … auf eine bestimmte Formulierung einigt“. (S. 28)
Bei der Verwendung des generischen Maskulinums sind Frauen tatsächlich in der Regel nicht mitgedacht. Vielleicht gibt es heute an der ein oder anderen Stelle sensibler geworden, doch grundsätzlich hat das Deutsche weiterhin gehörig Schlagseite. Deshalb besitzen sich die zusammengestellten Aufsätze noch heute Aktualität. Auch das Dilemma der Endungen mit „-in“ besteht bis heute:
„Zu Ihrer Frage: Soll die movierte Form forciert werden, ihr häufiger und systematischer Gebrauch gefordert, praktiziert und unterstützt werden – oder soll sie im Gegenteil ganz abgeschafft werden mit dem Ziel, dadurch die nicht-movierte (‚unmarkierte‘) Form mit echter Geschlechtsneutralität auszustatten?
Ich finde, beide ‚Parteien‘ haben recht, wenn sie meinen, die jeweils andere Lösung sei schlecht. Beide Parteien haben aber unrecht, wenn sie die jeweils eigene Lösung gut finden.“ (S. 48)
Das Buch bietet eine Menge an bedenkenswerten Aspekten und besticht durch verblüffende Belege. So findet sich doch tatsächlich noch 1974 im Duden folgende Erklärung zum Wert Feminismus, die wir heute überhaupt nicht mehr damit verbinden:
„Feminismus: das Vorhandensein oder die Ausbildung weiblicher Geschlechtsmerkmale beim Mann oder bei männlichen Tieren.“ (S. 130)