
Zum Abschluss ihrer Regierungszeit zeigt die Union nochmal ihr übliches Vorgehen: Oberste Priorität hat der Schutz von überholten Geschäftsfeldern, so lange sie über eine schlagkräftige Lobby verfügen. Diesmal sind es mal wieder die Landwirte, die vor der Realität des Marktes geschützt werden müssen, auch wenn dafür Arten sterben müssen.
Julia Klöckner hat eine Notfallzulassung für Pestizide erlassen, um den Zuckerrübenbauern den Kampf gegen Blattläuse zu erleichtern. Zuckerrüben sind besonders anfällig gegen das Ungeziefer und der Anbau ohne Pestizide gefährdet Gewinne. Rentabel wird der Anbau allerdings auch dadurch nicht, dass man dem Bienensterben Vorschub leistet. Denn Zucker lässt sich deutlich günstiger aus Zuckerrohr gewinnen. Zuckerrüben werden nur angebaut, weil Schutzzölle den Preis des Konkurrenzprodukts gewaltig in die Höhe treiben – zu Lasten des Verbrauchers.
So kommt es zur bizarren Situation, dass wir für einen unrentablen Wirtschaftszweig, der sich trotz aller Lebenserhaltungsmaßnahmen im Niedergang befindet, großflächiges Insektensterben in Kauf nehmen und das auch noch mit höheren Zuckerpreisen bezahlen. Ganz nebenbei hemmen wir dadurch noch die Entwicklungsmöglichkeiten ärmerer Länder, die mit dem Zuckerrohranbau ihre wirtschaftliche Basis verbreitern könnten. Doch die Bauernlobby reicht so weit, dass deutsche Zeitungen ihre vorgefertigten Texte eins zu eins abdrucken, ohne auch nur andere Quellen heranzuziehen.
Ausgerechnet jene Partei, die regelmäßig vor dem Einfluss roter Socken warnt, verhindert die Wirkung der Marktwirtschaft dort, wo sie heilsam wäre. Damit reiht sich die Landwirtschaft ein in Kohlebergbau, Autoindustrie und Immobilienwirtschaft. Überall verhindert die Union mit aller Kraft notwendige Anpassungen an die Zukunft. Was bietet die Union dann aber noch mehr als Klientelpolitik?