Archiv der Kategorie: Demokratie

Ratlosigkeit des Liberalismus

– gegengelesen –

Yascha Mounk: Der Zerfall der Demokratie

Yascha Mounk: Der Zerfall der Demokratie
Yascha Mounk: Der Zerfall der Demokratie

Sehr elaboriert vertritt Yascha Mounk die etablierte Sicht auf die heutige Lage der liberalen Demokratie und gerade dadurch kommt die darin verborgene Schwäche zum Vorschein. Wie viele andere spielt er Demokratie und Liberalismus gegeneinander aus, indem er behauptet, dass Demokratien Illiberalismus nicht ausschlössen, weshalb sich Populisten so gerne darauf beriefen. Schon damit geht er letzteren auf den Leim: Denn freilich behaupten Populisten ständig, sie würden das Volk vertreten, zugleich tun sie aber alles in ihrer Macht stehende, um freie Wahlen oder gar politische Partizipation zu unterlaufen. Vielmehr betrachten Populisten das Volk als ihren gefährlichsten Gegner, weil es sie legitim abwählen, ihrer volksnahen Aura berauben und damit stoppen könnte. Ratlosigkeit des Liberalismus weiterlesen

Nix gelernt von rot-grün?

Vorsicht Ampel!
Vorsicht Ampel!

Liebe grüne Verhandlungsführer!

Ich kann nicht anders, ich muss mich nun an euch wenden und eure wertvolle Zeit in Anspruch nehmen, denn mich lässt das einfach nicht los und ich fürchte, ich bin damit nicht allein. Das erste Signal, das die Grünen aus den Koalitionsverhandlungen senden, ist ein neoliberales: Die Aufspaltung der Bahn! Nix gelernt von rot-grün? weiterlesen

Reichtum und Realitätssinn

San Alfonso del Mar
San Alfonso del Mar

Der chilenische Sozialwissenschaftler Cristobál Roviro Kaltwasser hat eine Studie über Reiche durchgeführt. Diese leben zunehmend segregiert und bleiben unter sich, was zu einer „verschobene Wahrnehmung“ führt:

„Sie glauben, dass alles bestens ist. Für sie selbst funktioniert ja alles. Und keiner in ihrem Umfeld sagt ihnen, dass es nicht so ist.“

Reichtum und Realitätssinn weiterlesen

Verfassungstreue Rote Socken

Rote-Socken-Kampagne der CDU 1994
Rote-Socken-Kampagne der CDU 1994

Da ist sie wieder: die Rote-Socken-Kampagne der Union! Nachdem die Umfragewerte aufgrund eines konturlosen Kandidaten immer weiter gesunken sind, greifen Armin Laschet, Markus Söder und Co zum letzten Mittel: Angstmacherei! In Ermangelung relevanter programmatischer Punkte, die über die Beschwörung von Stabilität und Weiter-So hinausgehen, bleibt nur noch Wahlkampf via Verunglimpfung des Gegners. Statt inhaltlich zu argumentieren, versucht man ein dumpfes Gefühl der Vergangenheit wiederzubeleben, wonach die kommunistische Revolution unmittelbar bevor stehe, wenn man die SPD wählt. Weil, oh Gott oh Gott, diese könnte, wie es sich für eine Demokratie gehört, je nach Wahlausgang verschiedene Koalitionsoptionen ins Auge fassen. Dafür käme dann auch die Linke in Frage, die so furchterregend revolutionäre Programmpunkte wie Skepsis gegenüber NATO und EU vertritt. Die einzige Möglichkeit den Eintritt in den Warschauer Pakt zu vermeiden, besteht deshalb darin, Union zu wählen.

Aber Moment mal: Den Warschauer Pakt gibt es gar nicht mehr! Verfassungstreue Rote Socken weiterlesen

Beginnt Demokratie erst nach der Nominierung?

ZDF-Politbarometer: Kanzlereignung
ZDF-Politbarometer: Eignung als Kanzler:in

Mitte April war laut ZDF-Politbarometer die Mehrheit der Ansicht, dass sich Markus Söder als Kanzler eignen würde. Nicht mal halb so viele Menschen konnten sich das bei Armin Laschet vorstellen. Dennoch wurde letzterer der Kandidat der Union. Anders als bei den Grünen lässt sich das noch nicht einmal mit partei-internen Präferenzen erklären, denn unter Parteimitgliedern von CDU und CSU sprechen sich 84 Prozent für Söder aus gegenüber 43 für Laschet. Wenn die Wahl trotzdem auf den CDU-Vertreter gefallen ist, dann liegt das offensichtlich an den Führungsgremien der Union. Wie viel Demokratie ist aber noch gewährleistet, wenn die Kandidatenauswahl derart fern demokratischer Verhältnisse abläuft? Beginnt Demokratie erst nach der Nominierung? weiterlesen

Wie Republikaner die Republik abschaffen

Sturm aufs Kapitol
Sturm aufs Kapitol

Donald Trump wird aller Voraussicht nach das neuerliche Impeachment überstehen, weil sich nicht genug Republikaner finden, die eine Amtsenthebung unterstützen. Obwohl damit eine Wiederwahl Trumps verhindert würde und dessen Zersetzungsversuche der republikanischen Grundordnung der USA eine entsprechende republikanische Antwort finden würden, sind es ausgerechnet Politiker, die sich selbst „Republikaner“ nennen, die einer dringend notwendigen Immunitätsreaktion der US-amerikanischen Republik im Wege stehen. Wie Republikaner die Republik abschaffen weiterlesen

Moria und unsere Demokratie

Am Morgen des 9. September 2020 sind vom Flüchtlingslager Moria auf Lesbos nur noch verkohlte Reste übrig. 12000 Menschen haben ihre ohnehin spärlichen Unterkünfte durch ein Feuer verloren. Einen Monat später hat Deutschland 804 Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufgenommen – nicht nur aus Moria. Auf Lesbos harren weiterhin Tausende in einem provisorischen Lager unter traurigen Bedingungen einer ungewissen Zukunft.

Umfrage zu Flüchtlingen aus Moria
Quelle: Politbarometer ZDF

Moria und unsere Demokratie weiterlesen

Welches Demokratieverständnis steckt hinter der Angst vor Neuwahlen?

Stimmaneile CDU Thüringen
Stimmaneile CDU Thüringen

Die CDU Thüringen ist, wie es nunmal so üblich ist, mit Programm und Kandidaten in die Landtagswahl 2019 gezogen, um Bürger von sich zu überzeugen. Das ist ihr sogar so weit gelungen, dass sie damit knapp 22 Prozent der Stimmen holen konnte. Wenn es auch ein Drittel weniger waren als fünf Jahre zuvor, so haben doch eine ganze Menge Thüringer der Partei den Auftrag gegeben, sie in der Weise zu vertreten, wie es Programm, Ankündigungen und Versprechungen erwarten lassen. Und was macht die CDU? Welches Demokratieverständnis steckt hinter der Angst vor Neuwahlen? weiterlesen

Wozu Brexit?

Brexit: Umfrage-Ergebnisse für Großbritannien (Quelle: Wikipedia/YouGov)
Brexit: Umfrage-Ergebnisse für Großbritannien (Quelle: Wikipedia/YouGov)

Vielen galt und gilt der Brexit als Versagen direkter Demokratie. Weil die Mehrheit der Briten sich für den Austritt aus der EU aussprach, wurden wieder einmal Stimmen laut, dass das Volk ebenso töricht wie unberechenbar sei und zu Fehlentscheidungen neige. Einige Politiker und Journalisten, die sich selbst Demokraten nennen, halten normale Menschen für uninformiert, unverantwortlich oder unfähig. Wenn der Brexit abgelehnt worden wäre, hätte man sich mit dem Volk zufrieden gezeigt, so aber zeigt man ihm unverhohlen seine Abneigung. Ganz offensichtlich hegt so mancher ein Demokratieverständnis, dass darauf hinausläuft, das Volk nur so lange als Souverän anzuerkennen, wie es gemäß den eigenen Vorstellungen abstimmt. Sobald es davon abweicht, wird die Tauglichkeit des Volks grundsätzlich angezweifelt. Wozu Brexit? weiterlesen

Wozu Glyphosat?

Glyphosat: Umfrageergebnisse (Quelle: YouGov)
Glyphosat: Umfrageergebnisse (Quelle: YouGov)

Die Diskussion um die Zulassung von Glyphosat in der EU wirft Zweifel an der repräsentativen Demokratie auf. Über eine Frage, die uns alle angeht, entscheiden Vetreter der EU-Staaten in Brüssel. So weit, so normal. Doch diese Vertreter hatten erhebliche Schwierigkeiten zu einer Entscheidung zu kommen, während sich zugleich, wenn man den Stimmungsbildern glauben schenken darf, eine Mehrheit der europäischen Bevölkerung für ein Verbot ausspricht. Aus demokratischer Sicht stellt sich die Frage: Wie kann es sein, dass in Angelegenheiten gezaudert und gegen den Mehrheitswillen entschieden wird, wo die Bürger eine klare Haltung einnehmen? Schlimmer noch: Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, wonach diejenigen, die vertreten werden sollen, nicht der Auffassung sind, die Entscheidung läge in den richtigen Händen. Was zu der Frage führt: Wie kann es sein, dass wir in einer repräsentativen Demokratie leben, die Bürger sich aber nicht repräsentiert fühlen? Wozu Glyphosat? weiterlesen