Schlagwort-Archive: Demokratie

Ratlosigkeit des Liberalismus

– gegengelesen –

Yascha Mounk: Der Zerfall der Demokratie

Yascha Mounk: Der Zerfall der Demokratie
Yascha Mounk: Der Zerfall der Demokratie

Sehr elaboriert vertritt Yascha Mounk die etablierte Sicht auf die heutige Lage der liberalen Demokratie und gerade dadurch kommt die darin verborgene Schwäche zum Vorschein. Wie viele andere spielt er Demokratie und Liberalismus gegeneinander aus, indem er behauptet, dass Demokratien Illiberalismus nicht ausschlössen, weshalb sich Populisten so gerne darauf beriefen. Schon damit geht er letzteren auf den Leim: Denn freilich behaupten Populisten ständig, sie würden das Volk vertreten, zugleich tun sie aber alles in ihrer Macht stehende, um freie Wahlen oder gar politische Partizipation zu unterlaufen. Vielmehr betrachten Populisten das Volk als ihren gefährlichsten Gegner, weil es sie legitim abwählen, ihrer volksnahen Aura berauben und damit stoppen könnte. Ratlosigkeit des Liberalismus weiterlesen

Weltpolitik als pädagogisches Programm

Sackgasse Ukraine
Sackgasse Ukraine

Welchem Analysten man auch zuhört, die grundsätzliche Situation hört sich immer gleich an: Der kleine Wladimir hat sich in eine Sackgasse manövriert und die ganze erwachsene Welt überlegt nun, wie man einen Halbstarken davon abhalten kann, sich nicht immer weiter zu verrennen, damit das aufgepumpte Ego sich nicht zu einer Verzweiflungstat gedrängt sieht. Pädagogik auf allerhöchstem Niveau ist gefragt – mit dem klitzekleinen Schönheitsfehler, dass der spätpubertierende Greis über Atmowaffen verfügt. Also packt man den emotional in der Jugend stecken Gebliebenen in Watte und zerbricht sich den Kopf darüber, wie der einigermaßen gesichtswahrend aus der Nummer wieder rauskommt, wobei die weltpolitische Form der Gesichtswahrung an Lächerlichkeit kaum zu überbieten ist, werden hier doch regelmäßig verquere Kompromisse geschlossen, von denen sowieso jede/r weiß, dass sie nur notdürftig Tünche über das großflächige Scheitern selbstverliebter Politiker streichen. Die einzigen, die das als gesichtswahrend empfinden, sind offenbar die Gescheiterten selbst. Jeder normal denkende Mensch, fände es hingegen deutlich erwachsener und ehrwürdiger, das Scheitern einzugestehen, anstatt alle anderen die Konsequenzen dafür tragen zu lassen. Nicht so bei jenen, die sich als Anführer von Nationen aufspielen, denn denen geht es stets nur ums eigene Gesicht, das sie wahren wollen. Weltpolitik als pädagogisches Programm weiterlesen

Nix gelernt von rot-grün?

Vorsicht Ampel!
Vorsicht Ampel!

Liebe grüne Verhandlungsführer!

Ich kann nicht anders, ich muss mich nun an euch wenden und eure wertvolle Zeit in Anspruch nehmen, denn mich lässt das einfach nicht los und ich fürchte, ich bin damit nicht allein. Das erste Signal, das die Grünen aus den Koalitionsverhandlungen senden, ist ein neoliberales: Die Aufspaltung der Bahn! Nix gelernt von rot-grün? weiterlesen

Verfassungstreue Rote Socken

Rote-Socken-Kampagne der CDU 1994
Rote-Socken-Kampagne der CDU 1994

Da ist sie wieder: die Rote-Socken-Kampagne der Union! Nachdem die Umfragewerte aufgrund eines konturlosen Kandidaten immer weiter gesunken sind, greifen Armin Laschet, Markus Söder und Co zum letzten Mittel: Angstmacherei! In Ermangelung relevanter programmatischer Punkte, die über die Beschwörung von Stabilität und Weiter-So hinausgehen, bleibt nur noch Wahlkampf via Verunglimpfung des Gegners. Statt inhaltlich zu argumentieren, versucht man ein dumpfes Gefühl der Vergangenheit wiederzubeleben, wonach die kommunistische Revolution unmittelbar bevor stehe, wenn man die SPD wählt. Weil, oh Gott oh Gott, diese könnte, wie es sich für eine Demokratie gehört, je nach Wahlausgang verschiedene Koalitionsoptionen ins Auge fassen. Dafür käme dann auch die Linke in Frage, die so furchterregend revolutionäre Programmpunkte wie Skepsis gegenüber NATO und EU vertritt. Die einzige Möglichkeit den Eintritt in den Warschauer Pakt zu vermeiden, besteht deshalb darin, Union zu wählen.

Aber Moment mal: Den Warschauer Pakt gibt es gar nicht mehr! Verfassungstreue Rote Socken weiterlesen

Der reaktionäre Grundmodus der Union

Glyphosat
Glyphosat

Der politische Grundmodus der Union besteht offenbar darin Zugeständnisse zurückzunehmen, sobald man davon ausgehen kann, dass dem Thema nicht viel Aufmerksamkeit gewidmet wird. Wann immer sich die Gelegenheit bietet, verfallen CDU und CSU dann regelmäßig in ein reaktionäres Muster, mit dem sie wahlweise einflussreicher Lobby oder ureigenen Interessen auf die Sprünge helfen. Dabei treten sie schamlos vorherige Vereinbarungen und jegliche demokratische Stimmungslage mit Füßen. Der reaktionäre Grundmodus der Union weiterlesen

Beginnt Demokratie erst nach der Nominierung?

ZDF-Politbarometer: Kanzlereignung
ZDF-Politbarometer: Eignung als Kanzler:in

Mitte April war laut ZDF-Politbarometer die Mehrheit der Ansicht, dass sich Markus Söder als Kanzler eignen würde. Nicht mal halb so viele Menschen konnten sich das bei Armin Laschet vorstellen. Dennoch wurde letzterer der Kandidat der Union. Anders als bei den Grünen lässt sich das noch nicht einmal mit partei-internen Präferenzen erklären, denn unter Parteimitgliedern von CDU und CSU sprechen sich 84 Prozent für Söder aus gegenüber 43 für Laschet. Wenn die Wahl trotzdem auf den CDU-Vertreter gefallen ist, dann liegt das offensichtlich an den Führungsgremien der Union. Wie viel Demokratie ist aber noch gewährleistet, wenn die Kandidatenauswahl derart fern demokratischer Verhältnisse abläuft? Beginnt Demokratie erst nach der Nominierung? weiterlesen

Kann man der Elite vertrauen?

– gegengelesen –

Ivan Krastev: Europadämmerung (Teil 5)

Ivan Krastev: Europadämmerung
Ivan Krastev: Europadämmerung

Ivan Krastev geht davon aus, dass Europäer eher bereit sind, verantwortungslose Politiker zu wählen, weil die EU gegen die Folgen abfedert. Vor dem Hintergrund einer solchen Rückversicherung gäben sie sich eher ihrer „Enttäuschung und Wut“ hin:

„Ein noch bedeutsamerer Effekt basiert auf dem Umstand, dass die Europäische Union als eine Art Sicherheitsnetz dient, das Risikofreudigkeit dämpft (indem es Staaten von einer unverantwortlichen Politik abhält), aber Wählern den Anreiz bietet, verantwortungslose politische Parteien und Politiker zu unterstützen, um dadurch ihrer Enttäuschung und Wut Ausdruck zu verleihen. Weshalb sollten die Polen Angst vor jemandem wie Kaczyński haben, wenn sie doch wissen, dass Brüssel ihn bändigen wird, falls er zu weit geht? Paradoxerweise hat die Verbindung zwischen Europäisierung und Demokratisierung Mitteleuropa zu einem Paradebeispiel für demokratischen Illiberalismus gemacht.“ (S. 85f)

Kann man der Elite vertrauen? weiterlesen

Steuerbefreiung gegen Parteispenden?

1.000.000.000 €

Bei Grunderwerb fällt eine Steuer an, so der verbreitete Kenntnisstand. Und bei Steuergesetzen gehört es sich, wie bei Gesetzen im Allgemeinen, dass sie für alle gleichermaßen gelten, so die verbreitete Auffassung. Doch für Konzerne gilt diese Regel nicht, sofern sie nicht Immobilien, sondern Firmen erwerben, selbst wenn sich diese ausschließlich durch Immobilienbesitz auszeichnen. Es darf zwar nicht die ganze Firma auf einmal gekauft werden, sondern unter 95 Prozent im ersten Schritt und die verbliebenen 5 Prozent fünf Jahre später. Die Steuerersparnis bleibt dennoch so attraktiv, dass davon ausgegangen wird, dass zehn Prozent des Immobilienvermögens auf diese Weise steuerfrei ihren Besitzer wechseln. Schätzungsweise 1 Milliarde Euro Steuereinnahmen entgehen dem Staat dadurch. Steuerbefreiung gegen Parteispenden? weiterlesen

Die Jojo-Strategie

Umfrage zu Corona-Maßnahmen im März 2021
Umfrage zu Corona-Maßnahmen im März 2021

Ein Großteil der Bevölkerung geht laut dem ZDF Politbarometer offensichtlich davon aus, dass das Vorgehen der Politik nicht zielführend ist. Nachdem die Politik erst Anfang März Lockerungen der Corona-Maßnahmen angestrebt hat, sprechen sich schon Ende März 36 Prozent der Bevölkerung für härtere Maßnahmen aus. Gegenüber dem Vormonat hat sich ihre Zahl verdoppelt. Auf der anderen Seite halten 26 Prozent die Maßnahmen für übertrieben. Auch wenn deren Zahl nur um 3 Prozentpunkte zugenommen hat, so fordert mittlerweile doch über ein Viertel der Bevölkerung Lockerungen. Als richtig empfinden nurmehr 31 Prozent der Bevölkerung den Regierungskurs. Ihre Zahl hat um 24 Prozentpunkte abgenommen und somit geht binnen eines Monats ein knappes Viertel der Wähler auf Distanz zur Regierung. Die Jojo-Strategie weiterlesen

Fördert Liberalismus Migration?

– gegengelesen –

Ivan Krastev: Europadämmerung (Teil 3)

Ivan Krastev: Europadämmerung
Ivan Krastev: Europadämmerung

Ivan Krastevs Blick geht über die EU hinaus. Nicht nur innerhalb ihrer Grenzen, sondern auch außerhalb setzt sie seiner Ansicht nach auf eine Entwicklung hin zu mehr Demokratie und Toleranz. Zweifelsohne würde man aus europäischer Sicht demokratische Tendenzen weltweit begrüßen. Allerdings bildete sie von Beginn an vor allem ein bewusstes Gegengewicht zu den undemokratischen Systemen, wie sie damals auch in Europa noch zahlreich waren. Wenn schon versteht sich die EU nicht als Wette auf eine demokratische Zukunft, sondern als Bollwerk gegen Diktaturen. Fördert Liberalismus Migration? weiterlesen